
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – und Mädchen?
Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – und Mädchen? Ja! Das Projekt mint:pink ist am 25. September 2024 in eine neue Runde gestartet. Es bietet Schülerinnen die Gelegenheit, sich mit Naturwissenschaften vertraut zu machen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und Frauen kennenzulernen, die in diesen Berufen arbeiten.
mint:pink – Was machen die Schülerinnen denn da?
Dieses Projektjahr haben 26 Schülerinnen der 9. Klasse die Möglichkeit, sich für Naturwissenschaften zu begeistern. Die Schülerinnen kommen aus acht Schulen aus dem Landkreis Cuxhaven und Bremerhaven. Aufgeteilt in Gruppen besuchen sie an zehn Projekttagen sechs Betriebe aus der Region, unter anderem bei Deutsche See, die seit dem Projektstart im Jahr 2018 an mint:pink teilnehmen. An den Projekttagen arbeiten die Mädchen in den Betrieben an einem jeweils eigens dafür angelegten Workshops. Sie probieren den jeweiligen Beruf aus und haben Gelegenheit, sich mit Frauen auszutauschen, die in diesem Beruf arbeiten. Zwei der Projekttage finden an der Hochschule Bremerhaven statt, außerdem gibt es noch besondere Tage, über die Sie unten mehr lesen können.
Unser Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft hat das Projekt mint:pink gemeinsam mit Antje Dopp in Hamburg entdeckt, war an der Organisation beteiligt und unterstützt es nun, während es von den drei Projektleiterinnen mit Leben gefüllt und umgesetzt wird: Cordula Keim von der Zentralstelle der Landesfrauenbeauftragten (ZGF), Antje Dopp, MINT-Koordinatorin am Lloyd Gymnasium, und Lisa Nitze, die an der Hochschule Bremerhaven für den Kontakt zu Schulen zuständig ist.
Birgit Becker: ehemalige Schulleiterin als Rollenmodell
Ein Baustein des Projekts ist es, den Schülerinnen Kontakte mit Rollenmodellen zu ermöglichen. Frauen, die etwas frauenundtypisches geschafft haben, zeigen sich dabei als Vorbild. Eine dieser Frauen ist Birgit Becker, die ehemalige Schulleiterin des Gymnasiums Wesermünde, die jetzt das Netzwerk unterstützt. Bei ihrem Vortrag auf der Auftaktveranstaltung von mint:pink an der Hochschule Bremerhaven wird schnell klar, was das Besondere an ihrem beruflichen Lebenslauf ist: Das Lehramt gilt zwar als typischer Frauenberuf, doch in den leitenden Positionen befinden sich auch heute noch mehr Männer als Frauen. „Vor 40 Jahren war es überhaupt noch nicht selbstverständlich, dass eine Frau sich durchsetzt und auf diese Position kommt“, berichtet sie den Schülerinnen, die diese Zeit nicht kennengelernt haben und nun ahnen, dass die Frauen früherer Jahrgänge sich durchbeißen mussten, um Schulleiterin zu werden.
Warum mint:pink wichtig ist
„Das Besondere an dem Projekt ist, dass die Schülerinnen sich ohne ihre Mitschüler erproben können“, sagt Birgit Becker. Und das ist wichtig, denn die Unterschiede in der Arbeitsweise von Jungs und Mädchen hat sie oft beobachten können: „Im Chemieunterricht bilden sich heterogene Arbeitsgruppen. Bevor die Mädchen Luft holen können, haben sich die Jungs schon alles an ihre Tische geholt. Die Mädchen überlegen, bevor sie handeln“, berichtet sie aus dem Schulalltag. Das Projekt bietet den Mädchen die Chance, in aller Ruhe mit der weiblichen Handlungsweise an die Dinge heranzugehen – oder es auch einfach mal wie die Jungs zu versuchen und alles zusammenzukippen. Ein Projektziel ist die Stärkung des Selbstbewusstseins und das Ergründen der eigenen Arbeitsweise. Ein anderes Ziel ist es, sich bei der Berufswahl nicht auf die frauenspezifischen Berufe zu beschränken, sondern alle Berufe in den Blick zu nehmen.
Stärkung auf vielen Ebenen: Senatorin Schilling und die Hochschule unterstützen
Erfahrungsgemäß wachsen die Schülerinnen im Laufe eines mint:pink-Jahres. Anfangs sind sie oft verhalten und schüchtern, doch die Sorge, sie könnten bei dem Treffen mit Senatorin Claudia Schilling (Arbeit und Soziales) in Bremen stumm an den Tischen sitzen, hat sich im vergangenen Projektjahr als unbegründet herausgestellt, berichtet Cordula Keim. Schnell kam ein lebhafter Austausch zustande, der auch der Senatorin so gut gefallen hat, dass sie für die Mädchen dieses Jahrgangs wieder zur Verfügung stehen möchte.
Eine gezielte Stärkung der Schülerinnen ist mit einem Empowerment-Workshop der Hochschule Bremerhaven geplant. Zu Beginn des mint:pink-Jahres erfahren sie dort, wie sie selbstbewusst auftreten und dass die Art, wie sie sich zeigen, ein Türöffner sein kann. Nachdem sie sich im Verlauf des Jahres ausprobieren konnten, werden sie ihre Erfahrungen zum Ende hin austauschen.
Was ein Jahr mint:pink bewirken kann
Im letzten Jahr fand mint:pink erstmalig nach den Beschränkungen der Pandemie statt. Von den 27 Schülerinnen kamen begeisterte Rückmeldungen und auch die Eltern erzählten, dass ihre Töchter sich immer auf die Projekttage gefreut haben.
Eine besonders erfolgreiche Rückmeldung gibt es auch: Eine Mutter schildert, ihre Tochter sei ganz im Schulbetrieb verhaftet gewesen und habe bei der Teilnahme an mint:pink plötzlich weit über den Schulraum hinaussehen können. „Als Folge hat die Schülerin eine Klasse übersprungen und ist auf die Carl-von-Ossietzky-Oberschule gewechselt, um sich gezielt auf einen Beruf im Bereich Naturwissenschaften und Technik vorzubereiten“, berichtet Cordula Keim.
Lob für unser Netzwerk: Nicht nur reden, sondern auch planen und umsetzen
Die drei Projektleiterinnen von mint:pink nutzten die Auftaktveranstaltung, um lobende Worte über unser Netzwerk zu sprechen: „Durch die Unterstützung des Netzwerks Schule, Wirtschaft und Wissenschaft ist unser Projekt so erfolgreich“, sagt Cordula Keim von der ZGF und erklärt: „Die kurzen Wege zur Wirtschaft sind sehr wertvoll für uns.“ Über den persönlichen Weg erspare man sich Umwege, die für alle mehr Arbeitslast bedeuten. Dazu kommt: „Das Netzwerk ist ein Türöffner.“
Antje Dopp vom Lloyd Gymnasium schätzt vor allem die pragmatischen Lösungen und das gemeinsame Entwickeln von Ideen. „Beim Netzwerk wird nicht nur geredet und dann geht man weiter, sondern man plant gemeinsam und macht sich an die Umsetzung“, sagt sie und ergänzt: „Das höre ich auch auf dem Stammtisch von anderen. Man geht mit einem gutem Gefühl nach Hause.“
„Das Netzwerk stärkt uns den Rücken“, sagt Lisa Nitze von der Hochschule Bremerhaven, die seit 2022 das Projekt betreut. Sie ist froh über die Kontakte, die Unterstützung bei Ideen und die gute Zusammenarbeit, die dafür sorgt, dass alles funktioniert. „Das Netzwerk ist Feuer und Flamme für mint:pink und Herr Lüdtke ist zu allen Schandtaten bereit“, sagt sie lachend – und meint damit seine Anwesenheit bei der Auftaktveranstaltung.
Darüber freut sich unser Netzwerk und ganz besonders Horst Lüdtke, der durch seine Anwesenheit in den Genuss kam, diese lobenden Worte sogar in Gegenwart der Gäste zu hören, zu denen auch Oberschulrätin Anke Detering zählte sowie der damalige Hochschuldozent Hauke Hilz, der jetzt Michael Frost als Schuldezernat im Stadtrat Bremerhaven abgelöst hat.
Abschlussveranstaltung mit Botschaft: Es ist möglich!
„Im vergangenen Projektjahr konnten wir endlich zum ersten Mal eine richtige Abschlussveranstaltung organisieren“, sagt Cordula Keim stolz, denn dafür hatte sich das mint:pink-Team etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Es gab ein Jobspeed-Dating, bei dem zehn Frauen als Rollenmodelle jeweils zehn Minuten mit den Schülerinnen redeten. Die Frauen kamen aus den teilnehmenden Betrieben, dem Klimahaus und der Hochschule. „Wir wollten zeigen: Es gibt Frauen!“, sagt Cordula Keim. In den Stoßgesprächen sollten Barrieren abgebaut werden und der Blick für Berufsmöglichkeiten geweitet. Natürlich durften auch Fragen gestellt werden, damit die Mädchen herausfinden konnten, was gut läuft, wo Schwierigkeiten auftreten können und wie sie diese bewältigen können. Auf die Art erfuhren die Schülerinnen, dass das, was sie jetzt vielleicht noch für unwahrscheinlich halten, eben doch möglich ist: Frauen sind bereits in den naturwissenschaftlichen Berufen vertreten und ihnen stehen diese Türen offen.
Aufgrund der guten Resonanz planen die Organisatorinnen eine solche Abschlussveranstaltung auch in diesem Projektjahr für Mai 2025 fest ein.
Text Janina Berger, Foto mint:pink