Eigentlich war alles ganz anders geplant. Als der Schiffdorfer Bürgermeister Klaus Wirth und seine Mitstreiter sich vor über zehn Jahren zusammensetzten, wollten sie ein Jugendbildungszentrum in Schiffdorf gründen. Die Finanzierung klappte nicht, doch nun hatten sie schon all die vielen guten Ideen gesammelt und die Notwendigkeit für ein derartiges Projekt erkannt. Es war ihnen ein Anliegen, den Jugendlichen auf dem Weg ins Berufsleben zu helfen, sie bei der Findung ihres eigenen Profils zu unterstützen und ihnen die vielen Möglichkeiten der Region zu zeigen. Gleichzeitig wollten sie auch unsere Region stärken. Wie konnten sie all das jetzt erreichen?
Der Rückschlag öffnete den Weg zum Erfolg
Rückblickend war es ein Glücksfall, dass das erste Projekt ausgebremst wurde.
Klaus Wirth und seine Mitstreiter
- Prof. Dr.-Ing. Wilfried Arlt (ehemaliger Rektor der Hochschule Bremerhaven),
- Prof. Dr. Josef Stockemer (Rektor der Hochschule Bremerhaven),
- Meinhard Buchwitz (Leiter der Max-Eyth-Schule, Berufsbildende Schulen in Schiffdorf),
- Martin Johannsen (Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven),
- Michael Müller (MÜLLERDITZEN Druck in Bremerhaven),
- Michael Schoer (Vorstand Volksbank eG Bremerhaven-Cuxland) und
- Horst Lüdtke (Handwerkskammer Bremerhaven)
entwickelten ein neues Konzept: Wie wäre es denn, wenn sich in einem Netzwerk die unterschiedlichen Bereiche zusammenschließen, die für den Jugendlichen beim Übergang ins Berufsleben wichtig sind? Das Ziel war ein gleichberechtigter Austausch zwischen den Schulen, der Wirtschaft und der Wissenschaft, um die Jugendlichen auf dem Weg ins Berufsleben in unserer Region zu begleiten und so zur Fachkräftesicherung beizutragen.
Im Jahr 2009 gründeten Klaus Wirth und seine Mitstreiter den Verein „Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft“ im Rathaus der Gemeinde Schiffdorf. Klaus Wirth wurde erster Vorsitzender. „Nun ging es darum, Mitglieder zu finden und vielfältige Kontakte zu knüpfen“, erinnert er sich. „Jetzt war das Klinkenputzen dran“ – das war die Aufgabe von Klaus Wirth und Horst Lüdtke.
Neues braucht Zeit und Geduld
Auf der Suche nach Verbündeten klopfte Klaus Wirth an viele Türen in Schulen, bei Handwerksbetrieben und in Unternehmen. Doch die Türen öffneten sich nicht so leicht, wie er sich das vorgestellt hatte. „Ich bekam Zweifel, ob wir das Ziel erreichen können und wurde ungeduldig“, berichtet er. Mitstreiter Horst Lüdtke blieb gelassen und erklärte: „Wir bringen etwas ganz Neues in die Region. Da müssen viele dicke Bretter gebohrt werden.“ Gerade nachhaltig aufgebaute Kontakte benötigen ihre Zeit. Horst Lüdtke blieb zuversichtlich und so ließ sich auch Klaus Wirth von diesem Optimismus anstecken. Und tatsächlich: Kleinere Erfolge stellten sich ein, einer nach dem anderen. Mit der stabilen Grundlage zog die Geschäftsstelle des Netzwerks vom Schiffdorfer Rathaus in die Räume der BIS am Alten Hafen. Klaus Wirth trat seine Position als erster Vorsitzender an Claus Brüggemann ab und wurde selbst zum Beisitzer.
Irgendwann klar war: Der große Durchbruch ist geschafft! Heute hat das Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft über 125 Mitglieder und ist über unsere Region hinaus bekannt. Es dient sogar als Vorbild!
Was mit einem Netzwerk möglich ist
Mittlerweile können über unser Netzwerk drei Mal pro Jahr rund 2000 Schüler und Schülerinnen eines Jahrgangs erreicht werden und so sind bereits etliche Ausbildungsverträge auf diesem Weg entstanden, sowohl über die Berufsorientierungstage als auch über unsere anderen Projekte. Der Kontakt zur Hochschule passte von Beginn an, denn Prof. Dr. Josef Stockemer als damaliger Rektor der Hochschule war bereits Gründungsmitglied. Sein Nachfolger Prof. Dr.-Ing. Peter Ritzenhoff setzte die enge Zusammenarbeit fort und so konnte das von der Schule ERNST! vorgeschlagene Projekt Bildungsbuddies umgesetzt werden. Mit unseren Projekten wie dem Unternehmerspiel bringen wir Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge in die Schulen und verstärken so unsere Forderung nach Wirtschaft als Schulfach. Das Netzwerk ist nicht nur ein in unserer Region anerkannter Verein, sondern erhielt auch Auszeichnungen wie von „Land der Ideen“ (2014) und den Stiftungspreis der Bremerhavener Wirtschaft (2017).
Für Klaus Wirth bringt das mühselige Klinkenputzen zu Beginn längst schon über unser Netzwerk hinaus Vorteile: Wenn er für die Arbeitsgruppe LEADER Region Wesermünde-Süd Projektteilnehmer sucht, kann er die Struktur des Netzwerks nutzen, um schnell welche zu finden – so auch für das Projekt Ju&Me, bei dem die jungen Menschen zu Mentoren von Führungskräften wurden. „Es ist die gleiche Schiene, auch hier geht es darum, junge Menschen auf die Berufswelt vorzubereiten und darauf, Verantwortung zu tragen“, sagt Klaus Wirth.
Das Netzwerk weckte überregionales Interesse. So war der Besuch in der Region Börde Oste-Wörpe in Tarmstedt im Jahre 2017 auch einer der Höhepunkte für Klaus Wirth in seinem Wirken für das Netzwerk. Gemeinsam mit Michael Guttrof, Geschäftsführer der Kopf & Lübben GmbH, Bremen, stellte er interessierten Vertretern der Region, darunter auch zahlreiche junge Leute, die Strukturen des Netzwerkes vor. Klaus Wirth äußert zufrieden: „Wenn man das geschafft hat, ist das einfach ein gutes Gefühl.“
Wie geht es weiter?
„Unsere Zukunft liegt bei den jungen Leuten.“ An dem Wissen von Klaus Wirth hat sich nichts geändert, doch Bürgermeister ist er seit dem 01.11.2021 nicht mehr. Seine vielfältigen Kontakte von 15 Jahren als Bürgermeister hat er noch und so ist er nun als privates Mitglied in den von ihm gegründeten Verein eingetreten und möchte die Arbeit weiterführen, die er von Beginn an gemacht hat: Er öffnet Türen, verknüpft Kontakte und unterstützt so unsere Region und insbesondere die Jugend. Er genießt seine Pension und die neue Zeit zusammen mit seiner Familie.
Text Janina Berger, Fotos Foto Florian Wiechmann (Büro Cluster Sozialagentur) und privat