Dank unseres Netzwerks fanden Mitte November innerhalb einer Woche vier Messen für rund 4000 Schüler und Schülerinnen statt: in der Waldschule Hagen, dem Lloyd-Gymnasium, dem Gymnasium Wesermünde und zum ersten Mal auch an der Oberschule Langen.
„Wenn man Lehrlinge sucht, muss man auch präsent sein“, weiß Frank Holzapfel, Inhaber des gleichnamigen Garten- und Landschaftsbaus in Nordholz. Um den Fachkräftemangel im eigenen Betrieb zu bekämpfen, nimmt er deshalb regelmäßig an Veranstaltungstagen in Schulen teil – so auch bei der ersten Berufsinformationsbörse (BIB) der Oberschule Langen mit dem Schwerpunkt Handwerk, die durch unser Netzwerk angestoßen wurde. Rund 25 Betriebe nahmen am 22. November 2019 an der BIB teil und stellten sich und ihre Berufsbilder den Schüler und Schülerinnen vor.
350 Schüler informieren sich über Berufe in der Region
Elijah-Robin (17) ist noch unentschlossen, was seine Berufswahl angeht. „Mich interessiert Zimmermann. Oder die Handelsschule“, sagt er. In Begleitung von Robin (16) informiert er sich über die Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung stehen. Valesca (16) weiß schon, dass sie Erzieherin werden möchte, begeistert sich aber dennoch für die BIB: „Das ist eine gute Hilfe für die, die noch nicht wissen, was sie machen wollen.“ Außerdem ist sie noch auf der Suche nach einem Praktikumsplatz. „Sowas hatten wir hier vorher nicht“, sagt sie bedauernd und freut sich über die neue Möglichkeit, zu einem Beruf zu finden. Janina (15) kennt ihre Richtung auch schon: Sie möchte Abitur machen. „Aber es ist gut, sich hier nochmal zu informieren und andere Möglichkeiten kennenzulernen“, so Janina.
Für die 250 Schüler und Schülerinnen der achten, neunten und zehnten Klasse, die sich bereits auf Ausbildung und Praktika vorbereiten, ist die Teilnahme an der BIB verpflichtend. Etwa 100 Schüler aus den unteren Klassen sehen sich auch schon mal um und informieren sich bei Vorträgen und an Informationsständen über ihre Möglichkeiten. Die Siebtklässer können dabei nach einem Betrieb für den Zukunftstag schauen. „Vielleicht bekommt jemand dadurch Lust, etwas anderes zu machen als an dem Tag bei Mama oder Papa mitzulaufen“, so Schulleiter Jan Lückert. Um es möglichst vielen Eltern zu ermöglichen, mit ihren Kindern gemeinsam die Betriebe und Berufe der Region kennenzulernen, fand die BIB an einem späten Freitagnachmittag statt. Betriebe und Schule freuten sich darüber, wie viele Eltern das Angebot nutzten. „Es ist für uns auch immer gut, wenn wir sehen, dass die Eltern hinter ihren Kindern stehen und wir Ansprechpartner haben, falls während der Ausbildung Probleme auftauchen“, erklärt Gebhard Buck, Inhaber der Fleischerei Mühlenbeck, der selbst durchgängig an den Vorgesprächen und der Organisation der BIB beteiligt war, seit die „Arbeitsgruppe Handwerk“, bestehend aus Merle Rüsch (Lehrerin), Horst Lüdtke (Geschäftsführer unseres Netzwerks), Gebhard Buck, Andreas Haack (Tischlerei Haack) und Thomas Koop (Koop Energietechnik), sich im Februar 2019 zum ersten Mal in Bad Bederkesa im Bösehof getroffen hat, um die BIB zu planen.
Vielfalt und gute Aufstiegsmöglichkeiten im Handwerk
Buck hielt auf der BIB nicht nur Vorträge, um mit dem negativen Bild des Fleischerberufs aufzuräumen, er brachte auch jemanden mit, der aus seiner Sicht als Auszubildender im ersten Lehrjahr berichten kann: Luca Leander Diehl. „Der Hauptgrund für den Beruf als Fleischer ist für mich die Vielfalt“, schwärmt Diehl, der eigentlich Einzelhandelskaufmann werden wollte und im Zuge dessen ein Praktikum bei Mühlenbeck gemacht hat. Das hat ihm so gut gefallen, dass es ihm nun leicht fällt, den Schülern und Schülerinnen die Vorteile des Berufs nahezubringen: Kreativität, Teamarbeit und die späteren Entwicklungsmöglichkeiten, die vom Fleischermeister über Lebensmittelentwickler bis zum Tierarzt reichen. An dem Informationsstand von Mühlenbeck hatte er einiges zu tun, um Fragen über Gehalt, Arbeitszeiten und Tätigkeit zu beantworten.
Auch Nils Dettmann, Anlagenmechaniker bei Koop Energietechnik, ist begeistert: „Mit so vielen Interessenten hätte ich nicht gerechnet“, so Dettmann, der sich selbst jederzeit wieder fürs Handwerk entscheiden würde. „Die Aufstiegsmöglichkeiten sind gut. Wir stellen auch Auszubildende mit Hauptschulabschluss ein“, sagt er und fügt an: „Den hatte ich auch nur. Heute bin ich Meister.“ Doch der Fachkräftemangel sei enorm. „Und das wird auch noch so bleiben, wenn wir nichts dagegen tun“, sagt er überzeugt. Die klassischen Zeitungsanzeigen und Facebook seien nicht ausreichend, wenn man auf der Suche nach Auszubildenden sei. „Es kam schon vor, dass wir einen Ausbildungsplatz nicht besetzen konnten“, so Dettmann. Man müsse auch präsent sein. Mit der BIB an der Oberschule Langen ist er zufrieden. „Einige haben Interesse gezeigt und eine Schülerin will sich bewerben“, fasst er zusammen und hofft, dass die Bewerbung auch kommt.
Auszubildende fallen nicht vom Himmel
Seit drei Jahren ist auch im Garten- und Landschaftsbau der Mangel an Auszubildenden so groß, dass für Frank Holzapfel, Inhaber des gleichnamigen Betriebs in Nordholz, neue Wege erforderlich waren. Deshalb gehe er häufiger zu den Berufsinformationsveranstaltungen in Schulen. Mit der BIB an der Oberschule Langen ist er zufrieden: Er sprach mit Interessenten für Ausbildung, Praktika und Zukunftstage. „Es muss ein Umdenken stattfinden“, fordert er. „Es können nicht alle studieren, das Handwerk ist auch goldener Boden.“ Das Werben an den Schulen sieht er als wichtigen Punkt: „Es kann nicht sein, dass das ganze Handwerk klagt, aber man nicht hier präsent ist“, sagt er und fügt an: „Dann braucht man sich auch nicht zu beschweren, dass man keine Auszubildenden findet. Die fallen ja schließlich nicht vom Himmel.“
Lehrerin Merle Rüsch, die von Anfang an dabei war, hat diesbezüglich schon gute Nachrichten für die BIB im nächsten Jahr: „Es haben sie bereits jetzt viele angemeldet, die nächstes Jahr auch dabei sein möchten.“ Auch von den Betrieben, die bei dieser ersten BIB dabei waren, haben viele angekündigt, nächstes Jahr wieder dabei sein zu wollen. Und damit ist es gelungen, das Ziel der BIB zu erreichen: „Wir wollten die regionalen Betriebe in die Schule holen, um sie den Schülern und Schülerinnen nahe zu bringen“, so Rüsch. Denn so seien die Schüler informiert und können sich besser für eine Ausbildung entscheiden. Und die Betriebe kommen so hoffentlich an ihre Auszubildenden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Die Nordsee-Zeitung berichtete am 25. November 2019 unter dem Titel „Berufe praxisnah vorgestellt“ über die erste BIB an der Oberschule Langen.
Download: Artikel „Berufe praxisnah vorgestellt“
Text und Fotos von Janina Berger