
Schülerinnen und Schüler in der Rolle eines Vorstandes einer Aktiengesellschaft – Sie treffen Entscheidungen, lernen wirtschaftliche Zusammenhänge kennen, erproben sich in beruflicher Teamarbeit, knüpfen Kontakte zur Wirtschaft und bereiten eine Präsentation vor einer „Einkäufergruppe“ vor. Das Management Information Game (MIG) fand wieder statt, diesmal erwartete ein neuer Gastgeber die jungen Menschen des Gymnasiums Wesermünde: Die Firma Benthin. Aber auch das Hotel Atlantic Sail City stand spontan als außerschulischer Lernort zur Verfügung.
Wirtschaft, Erfahrungen und Kontakte
Wie gewohnt führte Thomas Kühn die Schülerinnen und Schüler durch das MIG. Die Jugendlichen bildeten drei „Firmen“ mit jeweils sechs bis sieben „Vorständen“. Eine Woche lang lernten sie außerhalb der Schule die „Firmen“ zu führen und Entscheidungen zu treffen. Das Fachwissen steuerte nicht nur Thomas Kühn bei, sondern auch die Gastreferenten: Vorträge über Unternehmensführung, Marketing, Verträge, Lohnnebenkosten und über Bewerbungen standen auf dem Plan. „Auch der Vortrag über Selbständigkeit ist gut angekommen“, sagt Thomas Kühn. Insbesondere bei der Vorbereitung auf die Präsentation für die „Einkäufergruppe“ werden wichtige Kompetenzen für den späteren Beruf erlernt. Auch die Kontakte zu Betrieben aus der Region sind ein wichtiger Bestandteil des MIG. Es gehe nicht um „Was soll ich werden?“, sondern um „Was möchte ich werden?“, sagt Thomas Kühn. Bei dieser Entscheidung hilft es den jungen Menschen, viele Firmen und Berufsbilder kennenzulernen und einen Blick aus der Schule hinaus auf den Arbeitsmarkt zu werfen. Beim MIG wird immer auch genetzwerkt und die Jugendlichen haben die teilnehmenden Firmen im Hinterkopf, wenn es darum geht, einen Platz zu suchen: für ein Praxissemester, ein Praktikum, eine Ausbildung oder einfach als Nebenjob. „Schon nach den ersten Tagen hatten vier junge Menschen bei den Gastgebern und Referenten nach beruflichen Möglichkeiten gefragt“, berichtet Thomas Kühn.
Unser Netzwerk findet Lösungen
Wie wichtig Kontakte sind, zeigte sich dieses mal auch außerhalb des Spiels. „Wenn ich ein Anliegen habe, rufe ich Herr Lüdtke an und dann bekommen wir das kurzfristig hin“, sagt Kristina Sörgel, Lehrerin für Politik/Wirtschaft und Sport am Gymnasium Wesermünde, außerdem Beauftragte für die Berufsorientierung. Für einen derartigen Anruf gab es tatsächlich einen Anlass: Die Firma Benthin, die sich mit Sicht- und Sonnenschutzsystemen international einen Ruf gemacht hat, stellte sich erstmals für das MIG zur Verfügung – und prompt kündigte sich spontan ein Großkunde an. Deshalb wurde für zwei Tage ein anderer außerschulischer Lernort für die Schülerinnen und Schüler gesucht. Unser Geschäftsführer Horst Lüdtke setzte sich ans Telefon und wurde fündig: Anja Wagner, stellvertretende Direktorin des Atlantic Hotels Sail City, trennte kurzerhand den großen Veranstaltungssaal und stellte die unbesetzte Hälfte zur Verfügung. So lernten die Teilnehmer des MIGs gleich zwei Betriebe unserer Region kennen. „Seit fünf bis sechs Jahren gibt es eine ganz enge Zusammenarbeit mit dem Netzwerk“, berichtet Kristina Sörgel, „denn unsere damalige Schulleiterin Birgit Becker hat das Potenzial des Netzwerks Schule, Wirtschaft und Wissenschaft gleich erkannt.“ Die Begeisterung Birgit Beckers für unser Netzwerk hält bis heute an, denn seit ihrer Pensionierung unterstützt sie das Netzwerk, indem sie im Hintergrund mit anpackt.
Die „Firmen“ und ihr Angebot
Die drei Firmen mit insgesamt 20 „Vorstände von Aktiengesellschaften“ boten am 27. März in der Mensa des Gymnasiums Wesermünde ihre jeweils unterschiedlichen Produkte an, damit wir „Einkäufer“ uns ein Bild davon machen konnten, was wir in unsere neue Produktpalette aufnehmen möchten.
Die Firma Arrow Electronix AG mit dem Motto „Wir wollen hoch hinaus“ stellte die Matratze „Traumzeit“ vor, die über Besonderheiten wie eine Massagefunktion, Schlafanalyse und Kühlung sowie Wärmung verfügt. Mit einem kleinen Werbefilm stellte sie auch gleich eine Möglichkeit zur Verfügung, das Produkt bekannt zu machen.
Die Firma Innotec Home AG präsentierte den Kühlschrank „Arctiq“, der sich merkt, was in ihm enthalten ist und wie lange es noch haltbar ist. Über eine App kann man so jederzeit unterwegs ein Blick in seinen Kühlschrank werfen. Zusätzlich gibt es einen Getränkemixer in der Tür, über den man sich den bevorzugten Sirup mixen lassen kann. Im Bereich der Werbung setzt die Firma auf Social-Media-Influencer und den Besuch von Messen.
Die DualTemp Innovations AG zeigte ihre Frostwave, mit der man Gerichte sowohl erhitzen, als auch schockfrosten kann. Sie wollen Werbung auf Social Media, in Zeitungen und Fernsehen sowie im Radio schalten, um Menschen aller Altersgruppen zu erreichen. Das Ziel ist, dass der baldige Kunde so oft mit Werbebotschaften erreicht wird, dass er jedes Mal, wenn er etwas erhitzt oder kühlt, denkt: „Ach, hätte ich doch eine Frostwave!“ Das Bedürfnis wollen sie dann natürlich schnell stillen.
In der jeweils anschließenden Fragerunde konnten alle Firmen die Fragen von uns Einkäufern spontan beantworten und ihre Firma gut vertreten.

Mehr Wissen und weniger Angst
Auf die Verkaufsveranstaltung waren nicht nur die Besucher neugierig, sondern ebenso die „Vorstände“ selbst. „Jeder präsentiert unterschiedlich“, sagt Merle G. (16). Nachdem man sich so viele Gedanken über das Produkt und die Präsentation gemacht hat, möchte man natürlich auch wissen, wie die anderen das umgesetzt haben. Merle G. sagt, sie habe nicht nur für das Projekt etwas gelernt, sondern für ihre berufliche Zukunft viel mitnehmen können. „Ich wollte sogar noch mehr lernen“, fügt sie an.
Elle (16) hat die Teamarbeit besonders gut gefallen. „Wir haben alles gemeinsam entwickelt, das war anders als in der Schule. Manchmal war es fast wie im richtigen Berufsleben.“ Auch die Vorträge von Thomas Kühn und den Gastreferenten zu unterschiedlichen Themen im Bereich der Wirtschaft haben ihr Interesse geweckt. Besonders gut gefiel ihr der Vortrag des Referenten der Seiergruppe, in dem unter anderem erklärt wurde, was im Lebenslauf wichtig ist.
Dies war auch für Merle H. (17) der wichtigste Beitrag. „Es kommt im Lebenslauf später nicht wirklich auf die Ausbildung und das Studium an, sondern auf unsere Begeisterung und das Glänzen in den Augen.“ Diese Aussage aus dem Vortrag ist ihr besonders in Erinnerung geblieben. „Jetzt wissen wir, dass eine kleine Lücke im Lebenslauf nicht unbedingt ein Problem darstellt. Das lockert das Bild von der Zukunft auf“, sagt sie erleichtert.
Auch Lehrerin Kristina Sörgel kann bestätigen, dass das MIG die jungen Menschen voranbringt: „Es gibt den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, in eine ganz neue Rolle zu schlüpfen, Kontakte zu knüpfen und herauszufinden, was in ihnen steckt. Sie werden selbstbewusster.“

Die Beteiligten des MIG
Die finanzielle Förderung des MIG hat die Dieckell-Stiftung übernommen, Träger des MIG war das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft in Form des Spielleiters Thomas Kühn, Teilnehmer waren die Schülerinnen und Schüler des Kreisgymnasiums Wesermünde.
Die Firma Benthin und das Atlantic Hotel Sail City waren erstmalig Gastgeber des MIG, gleichzeitig waren sie auch Referenten. Weitere Referenten kamen von Seier Holding, Weser-Elbe Sparkasse, cardo Partnerschaft von Steuerberatern und Rechtsanwälten und erstmalig von ttz Bremerhaven, die einen Vortrag über Marketing gehalten haben.
Dass sich die Teilnahme am MIG auch für die Betriebe lohnen kann, hat sich auch dieses Mal wieder gezeigt: Gleich drei junge Menschen haben Interesse an einem Nebenjob im Atlantic Hotel Sail City und eine Schülerin, die bereits ein Praktikum als Dachdeckerin gemacht hat und nun mit der Berufswahl Bauingenieurin liebäugelt, hat Interesse an Seier Holding gezeigt. Alle teilnehmenden Firmen sind nun bei den jungen Menschen auf dem Schirm.
Das Netzwerk dankt allen, die das MIG möglich gemacht haben!
Text und Fotos Janina Berger